Piaggio tickt jetzt völlig aus und will ab Herbst ein 3-Rad vorstellen:
Manches erinnert im ersten Moment an die Neuerfindung des tiefen Tellers. Aber wenn man, wie die italienische Roller-Legende Vespa unter dem Piaggio-Dach in diesen Tagen, den 60. Geburtstag feiert, ist Klappern wohl erlaubt.
Vorgestellt also wurde ein auf Anhieb gewöhnungsbedürftig aussehender Roller mit drei Rädern: zwei vorne, eines hinten. MP3 heißt das Gefährt, dass die Schräglage mit Hilfe eines Parallelogramms, von den Italienern „Quadrolatero“ genannt, möglich macht.
Wie gesagt: So richtig neu ist die Idee nicht. Schon in den zwanziger Jahren verblüffte Morgan mit dem Threewheeler, der sich allerdings nicht in die Kurve legen konnte. In Norwegen hat Geir Brudeli jetzt aus einer KTM 625 ein brachial rennendes Dreirad gemacht; und bereits 1997 waren es Mercedes-Ingenieure, die mit dem F300 Lifejet mit aktiver Wanksteuerung für Furore sorgten.
X8 als Basis
Was man Piaggio allerdings fairerweise zugute halten muss, ist zweierlei: Erstmals wurde die Technik auf einen Roller übertragen – und erstmals geht der Einsatz eines Parallelogramms tatsächlich in Serie.
Basis des MP3 ist der Piaggio-Roller X8, der im Gegensatz zur kompakten Vespa viel Raum für zwei Passagiere sowie ein äußerst großzügiges Staufach bietet, das durch Anheben der Sitzbank wie durch einen separaten Heckdeckel zugänglich ist. Und wie beim X8 stehen für den MP3 wahlweise ein 11 kW (15 PS) starker 125-Kubik-Einzylinder-Viertakter oder ein 17 kW (22,5 PS) leistendes 250er-Triebwerk zur Wahl.
Höhere Stabilität
Der zentrale, zudem augenfällige Unterschied findet sich im Bereich der Fahrzeugfront. Wo sich beim X8 ein klassisch-einsames Vorderrad dreht, gibt es beim MP3 zwei Räder, die in Kurven in Schräglage gehen und 420 Millimeter Spurweite aufweisen – breit genug, um die Stabilität beim Fahren und Bremsen deutlich zu erhöhen und ausreichend schmal, um dem MP3 noch eine Zulassung als Roller möglich zu machen.
Was besonders wichtig in engen Städten ist: Der Piaggio MP3 ist nicht breiter als sein zweirädriger Halbbruder, misst also 74,5 Zentimeter.
Einmal in Fahrt, gibt es zwischen einem konventionellen Roller und dem Dreirad auf Anhieb keine wesentliche Unterschiede; das Schlängeln durch dichten Verkehr ist problemlos, Richtungswechsel auf engem Raum werden eher von Fahrzeuglänge und -breite beeinflusst als durch die Art der Lenkung.
Aber spätestens dann, wenn Straßenbahnschienen oder Kopfsteinpflaster gemeistert werden wollen, zeigt der MP3 sein beruhigendes Talent, weil das Sicherheitsgefühl des Fahrers sehr viel größer als auf nur zwei Rädern ist.
Einen weiterer Vorteil birgt die Funktion eines kleinen Hebels am Lenker. Unterhalb von acht km/h und im Stand kann die Schräglagenfunktion ausgeschaltet werden. So gibt es bei langsamer Stop-and-go-Fahrt kein Kippeln mehr und vor roten Ampeln bleibt der MP3 zuverlässig im Gleichgewicht, ohne dass sein Fahrer die Füße auf den Boden stellen müsste.
Ein Dreh am Gas genügt, um die Arretierung zu lösen und wieder anzufahren – wie in jedem modernen Roller arbeiten auch im MP3 eine alltagsfreundliche Fliehkraftkupplung und ein fleißiges Automatikgetriebe.
Kürzerer Bremsweg
Deutlich im Vorteil ist der MP3 selbst bei Gewaltbremsungen; Piaggio geht davon aus, dass sich der Bremsweg gegenüber einem Zweirad-Roller wegen des dritten Rades um immerhin 20 Prozent verkürzt; zudem sind die beiden vorderen Scheibenbremsen mit 310 Millimeter Durchmesser riesig dimensioniert. Das mag wenigstens etwas darüber hinwegtrösten, dass zumindest derzeit noch kein ABS-System in der Liste der Extras zu finden ist.
Das Piaggio-Dreirad soll im September bei uns an den Verkaufsstart gehen; Preise aber sind noch keine genannt. Dem Vernehmen nach sollen sie 20 bis 25 Prozent über jenen des jeweiligen X8-Modells liegen, das in der 1