Vespa – eine Weltanschauung der besonderen Art
In einer kleinen Straße des Münchner Stadtteils Ramersdorf werden Wünsche wahr. Wünsche nach einer Original-Vespa aus der Vergangenheit, in der Roller fahren genauso aktuell war, wie es heute wieder ist. Jörg Steinmetz hat sich vor etwas mehr als drei Jahren seinen Traum erfüllt: den eigenen Laden namens vesbar, in dem alte Vespas restauriert und verkauft werden. Mit leuchtenden Augen erzählt der gebürtige Ingolstädter und studierte Innenarchitekt, dass er bereits als Jugendlicher von alten Vespas begeistert war und diese auch selbst reparierte.
Und diese Begeisterung zeigt sich in jedem Winkel des kleinen Ladens: Kleinode aus der italienischen Roller-Produktion,
meistens aus den sechziger Jahren, warten entweder frisch lackiert oder
mit der Patina der vergangenen 40 Jahre auf einen Käufer. Und die
lassen nicht lange auf sich warten, etwa 150 Vespas wechselten im
vergangenen Jahr den Besitzer. Aber nicht jeder, der sich in die
Aribonenstraße begibt, darf eine Vespa bald sein Eigen nennen. Jörg
Steinmetz achtet gemäß seiner Philosophie, dass eine Vespa nur in gute
Hände geraten darf, ganz genau auf die Einstellung des Interessenten.
„Denn“, so Steinmetz, „eine Vespa ist ein langlebiges Produkt und ich
möchte, dass man eine Vespa nicht deswegen kauft, weil sie gerade hipp
ist, sondern weil damit ein Stück Lebensqualität erworben wird, das
nicht nach kurzer Zeit wieder auf dem Markt landen soll.“
Die
Philosophie des 35-jährigen verbietet ihm auch, jemals neue Vespas zu
verkaufen. Voller Entrüstung verneinte er die Frage, ob er sich
vorstellen könne, die neuen Modelle anzubieten. „Weder verkaufe ich
diese Plastikteile, noch werden sie von uns repariert.“ Ähnlich wie bei
einer Metzgerei wird schon auf der Webseite mit dem Schild „wir müssen
draußen bleiben“, auf die Ausschließlichkeit der Serviceleistungen für
ältere Vespas hingewiesen.
Der meist verkaufte Typ bei vesbar ist die Vespa 50, der Klassiker von Piaggio, der das erste Mal 1963 italienische Straßen und Plätze eroberte. Der Roller durfte damals schon ab 14 Jahren bewegt werden und das ohne Führerschein und Kennzeichen, ergo das ideale Fortbewegungsmittel für Italiens Jugend. Heutzutage werden diese schwächer motorisierten 50er mit einem Versicherungskennzeichen versehen und dürfen so von allen PKW-Führerscheinbesitzern gefahren werden. Aber auch die stärker motorisierten Vespas mit 125, 150 oder 200 ccm haben ihre Fans: so sind die 125 Primavera, die Sprint Veloce oder die Rally 200 ebenfalls Objekte der Begierde.
Mittlerweile
ist die Beschaffung der Vespas nicht mehr ganz so einfach. Fuhr man vor
ein paar Jahren nach Italien, stand fast auf jedem Hof und in jeder
Garage eine Vespa und die Besitzer waren dankbar, wenn die alte Mühle
abgeholt wurde. Seit einiger Zeit fahren bestens organisierte Händler
aus Großbritannien und den Niederlanden nach Italien und zahlen fast
jeden Preis. So ist es nicht verwundernswert, dass für fast schon im
Schrottzustand befindliche Vespas zwischen 600 und 1.000 Euro auf den
Tisch geblättert werden.
Rechnet
man dann die Kosten einer Vollrestauration dazu, nach Angaben von Jörg
Steinmetz werden dafür etwa 30 Arbeitsstunden und 400 Euro Material
benötigt, sind Verkaufspreise zwischen 2.500 und 3.000 Euro absolut
gerechtfertigt. Als Zuckerchen obendrauf gibt es bei vesbar eine
Garantie von einem Jahr und ein kleines Reparaturkit mit einem
Multifunktionsschlüssel für Zündkerze, Radmutter und Tank, einer
Zündkerze, 2 Glühbirnen sowie Schalt- und Kupplungsseil.
Die Gemeinde der Vespa-Fahrer aus dem Dunstkreis der vesbar trifft sich regelmäßig zu Ausfahrten, die wichtigste Veranstaltung ist wie schon seit Jahren die Vespa Word Days (ehemals Eurovespa), die 2009 in Zell am See vom 11. – 14.6. stattfindet. Jörg Steinmetz wird wohl auch in diesem Jahr mit einer Gruppe Gleichgesinnter dabei sein.
Quelle: http://wirtschaftsplatz.mediaquell.com/2009/03/vespa-eine-weltanschauung-der-besonderen-art-990553/